Ernährung bei Demenz und Alzheimer
Der demografische Wandel ist in aller Munde. Bedingt durch die steigende Anzahl der immer älter werdenden Mitbürger, nimmt auch die Zahl der demenziell erkrankten Personen zu. In Deutschland leben, laut Auskunft der deutschen Alzheimer Gesellschaft e.V., ca. 1,7 Millionen Menschen mit einer Demenzerkrankung. Die Demenz verändert vieles, nicht nur beim Betroffenen, sondern auch bei den Angehörigen, Freunden und Mitmenschen. Die richtige Ernährung ist ein wichtiges Thema in der Pflege von Demenz erkrankten Menschen. Erfahren Sie hier mehr über die Krankheit „Demenz“, welche Herausforderungen sich für die Erkrankten und Angehörigen ergeben und welche Art der Ernährung sich bei Demenz eignet.Gesa Dannemann
Autorin
Diplom-Oecotrophologin
Allgemeines zum Thema Demenz
Anzeichen & Symptome
Anzeichen und Symptome
Bei einer Demenz gibt es einige Symptome, die auf das Krankheitsbild hindeuten. Folgende Symptome können bei Demenzpatienten auftreten:
- Es bestehen Schwierigkeiten, Erinnerungen aus jüngster Vergangenheit hervorzurufen (Kurzzeitgedächtnis).
- Es gibt Probleme bei der Verfolgung eines Gespräches oder es werden nicht die richtigen Wörter gefunden, um etwas zu beschreiben.
- Entscheidungen zu treffen, Probleme zu lösen oder Handlungsabläufe richtig abzuwickeln, verursacht zunehmend Schwierigkeiten. So können einfache Aufgaben, wie das Zubereiten einer Mahlzeit, zur Herausforderung werden. Patienten wissen nicht mehr, ob beispielsweise beim Nudeln kochen, zuerst das Wasser oder die Nudeln in den Topf gehören.
- Es kommt zur Verwirrung über den Aufenthaltsort oder es gibt Identifizierungsprobleme in Bezug auf die eigene Person ("Wer bin ich?"); oder die Frage nach dem heutigen Tag oder Jahr kann nicht mehr richtig beantwortet werden.
- Schwierigkeiten beim Erkennen von dreidimensionalen Gegenständen und Abschätzen von Distanzen und Abständen. Beobachtet werden vermehrt Stimmungsschwankungen, Verwirrtheit, Angstzustände, Unkonzentriertheit, sowie leichte Reizbarkeit.
Krankheitsverlauf
Krankheitsverlauf bei einer Demenz
Im Allgemeinen wird die Demenz in drei Schweregrade eingeteilt, deren Stadien durch folgende Merkmale gekennzeichnet sind:
Frühes Stadium
Zunehmender Verlust der geistigen Fähigkeiten, eingeschränkte Selbstständigkeit:
Gedächtnis, Denkvermögen und Lernfähigkeit nehmen ab
Ein geänderter Tagesablauf stellt die Betroffenen vor Probleme (Beispiel: Eine bevorstehende Reise, das Planen einer Feier)
Zeitliche Orientierungsschwierigkeiten treten auf
Mittleres Stadium
Zunehmender Verlust der geistigen Fähigkeiten, eingeschränkte Selbstständigkeit:
- Die vorhandenen Einschränkungen nehmen deutlich zu
- Schwindende Rechen- und Problemlösungsfähigkeit
- Desorientierung
- Vernachlässigung der Hygiene
- Wahnvorstellungen
- Selbstversorgung stark eingeschränkt
- Unterstützung bei Einkauf und Essenszubereitung nötig
- In diesem Stadium muss alles genau erklärt werden. Zudem sollte der demenziell Erkrankte zum Essen ermuntert werden.
Spätes Stadium
Verlust der Alltagskompetenz mit völliger Pflegeabhängigkeit:
- Verstärkte Unruhe; der Betroffene mag sich z. B. zum Essen nicht hinsetzen, sondern isst im Gehen (häufig als „Läufer“ beschrieben)
- Gedächtnis und Orientierung sind verloren gegangen
- Zunehmend gehen Sprachfähigkeit und Gehvermögen verloren
- Umkehr des Tag- & Nachtrhythmus
- Aggressivität kann steigen
- Agnosie (auch Angehörige werden nicht erkannt)
- Inkontinenz möglich
Formen von Demenz
Formen von Demenz
Es wird zwischen einer primären (90 %) und einersekundären (10 %) Demenz unterschieden. Zur primären Demenz gehören die verschiedenen Demenzformen Alzheimer-Demenz, sowie die Vaskuläre Demenz. Die Alzheimer-Demenz ist mit 60-70% die häufigste Form, die der primären Form zugeordnet wird. Eine Vaskuläre Demenz kann beispielsweise als Folge eines Schlaganfalls auftreten. Beide Formen sind nach heutigem wissenschaftlichem Stand nicht heilbar.
Zu der sekundären Demenz kommt es durch Hirnverletzungen, Giftstoffe oder ähnliches. Hier unterscheidet man zum Beispiel zwischen endokrinologischen, infektiösen, toxischen, traumatischen und hypotoxischen Demenzformen.
Allgemeines
Allgemeines über Demenz
Demenz ist der Oberbegriff für verschiedene Krankheitsbilder des Gehirns, die mit Störungen im kognitiven (Gedächtnis, geistige Fähigkeiten), affektiven (Gefühle, Verhalten) und motorischen (Bewegung, Muskulatur) Bereich einhergehen. Die häufigste Form von Demenz ist Alzheimer. Das Risiko an Demenz zu erkranken, nimmt mit dem Alter zu. Generell erhöht sich das Risiko für die über 65-jährigen. Ungefähr zwei Drittel aller Menschen mit einer Alzheimer-Demenz sind älter als 80 Jahre und vorwiegend weiblich.Das Wort „Demenz“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „ohne Geist“. Demenz ist nicht heilbar, aber es ist sinnvoll, diese Krankheit frühzeitig zu erkennen und mit entsprechender Therapie den Krankheitsverlauf hinauszuzögern.
Ursachen
Ursachen
Primäre DemenzDie Ursachen einer primären Demenz (wie z. B. Alzheimer), bei der Nervenzellen absterben und Eiweißablagerungen im Gehirn zu beobachten sind, sind immer noch nicht erforscht und damit unbekannt. Allerdings vermutet man, dass Risikofaktoren wie Übergewicht, Diabetes, mangelnde Bewegung und Bluthochdruck der Erkrankung Vorschub leisten können. Daher sollte man sie möglichst meiden bzw. Krankheiten auf jeden Fall behandeln lassen. Wissenschaftler der Columbia-University in New York haben herausgefunden: Wer sich körperlich fit hält und gesund ernährt, kann im Alter das Risiko, an Alzheimer zu erkranken, um 60 % senken.
Sekundäre Demenz
Sekundäre Demenz entsteht z. B. als Folge eines Schlaganfalls, einer Alkoholerkrankung oder einer Depression.
Ernährung bei einer Demenz
Ernährung in verschiedenen Demenzphasen
Im Frühstadium der Demenz kann die betroffene Person meist noch selbstständig mit Messer und Gabel oder Löffel essen. Mit fortschreitendem Verlauf der Erkrankung verschlechtern sich die Fähigkeiten, die zur Nahrungsaufnahme notwendig sind. Im Endstadium der Demenz liegen häufig Kau- und Schluckstörungen vor und das Hunger- und Durstgefühl, sowie die Fähigkeit, Lebensmittel und Getränke zu erkennen, sind stark beeinträchtigt. Darüber hinaus stehen Demenz und Mangelernährung miteinander in enger Verbindung. Bei Betroffenen mit starker motorischer Unruhe oder ständigem Wandern muss der erhöhte Energiebedarf ausgeglichen werden. An die Ernährung der Menschen werden hohe Anforderungen gestellt. Eine bedarfsgerechte, vollwertige und gesunde Ernährung ist mit zunehmendem Alter von großer Bedeutung, genauso wie für Menschen ohne Demenz.Zur Steigerung der Attraktivität des Menüangebotes und der Zufriedenheit der Betroffenen sollte die Speisenzusammenstellung abwechslungsreich sein.
Tipps:
- Durch die veränderte Geschmacksempfindung bevorzugen Menschen mit Demenz oft (sehr) süße Speisen und Getränke. Scharfe und bittere Nahrungsmittel werden häufig abgelehnt.
- Gerüche wecken alte Erinnerungen und beeinflussen die Nahrungsaufnahme positiv. Der Duft von frischem Kaffee oder von (frischen) Brötchen wirkt besonders wohltuend.
- Die attraktive optische Wirkung der Speisen ist entscheidend, um die Nahrungsaufnahme anzuregen. Kräftige Farben sprechen die schwächeren Sinnesempfindungen besser an.
- Bei der Speiseplanung sollten die Gewohnheiten und Bedürfnisse demenziell erkrankter Personen berücksichtigt werden.
Besonderheiten in der Ernährung bei einer Demenzerkrankung
Tipps für die Speisenauswahl:
- Bekannte und regionale Gerichte auswählen
- Kräftig gewürzte Speisen (nicht sauer, besser süß) bevorzugen
- Energiereiche Zutaten und/oder Speisen verwenden
- Fettreiche und süße Speisen anbieten (z. B. Tomatensoße mit Zucker/Süßstoff; Pudding mit Sahne)
- Auf appetitanregende Düfte/Getränke achten
- Essen muss schmecken
Tipps für die Flüssigkeitsaufnahme im fortgeschrittenen Stadium der Demenz:
- Das Getränk sollte süß und farbig sein (Zucker/Süßstoff einsetzen, Bananen-/ Pfirsichsaft)
- Milchmixgetränke kommen gut an und liefern wertvolle Inhaltsstoffe
- Auf die Temperatur achten: nicht zu kalt, gerne warm
- Saure Säfte schmecken evtl. bitter (werden oft abgelehnt)
- Bei einer Schluckstörung Getränke andicken
- Geeignete Trinkgefäße verwenden (bunt, mit Henkel und Nasenausschnitt) (Wasser im durchsichtigen Glas wird nicht gesehen)
- Trinken in Gesellschaft fördert die Flüssigkeitsaufnahme
- Trinkrituale einführen
Schluckstörung als Folge einer Demenzerkrankung
Mit zunehmendem Krankheitsverlauf kann es zu Schluckproblemen kommen. Dadurch wird Essen und Trinken, also die Nahrungsversorgung, noch zusätzlich erschwert, denn es droht die Gefahr einer Aspirationspneumonie (Lungenentzündung durch Verschlucken).
Das Risiko sich zu verschlucken, kann durch die richtige Körperhaltung beim Essen gemindert werden.
Die optimale Haltung:
- Aufrechtes Sitzen: 90°-Winkel zwischen Oberkörper und Oberschenkeln
- Kopf nach vorne geneigt: „Kinn zeigt zur Brust“
Pürierte Kost als Ernährungslösung
Bei der pürierten Kost ist darauf zu achten, dass Speisen einzeln püriert werden, damit das ursprüngliche Lebensmittel noch zu erkennen bzw. zu schmecken ist und die Mahlzeit keine „unappetitliche" Farbe erhält. Unterschiedliche und vertraute Farben und Formen regen den Appetit an.
Fleischkomponenten müssen gesondert püriert werden. Besonders die Speisen einer typischen und traditionellen Mittagsmahlzeit, wie Fleisch mit Soße, Kartoffeln und Gemüse, sollten nicht durch andere Speisen ersetzt werden.
Das Zubereiten von pürierter Kost kann sehr zeitintensiv und kompliziert sein. Mit winVitalis hat apetito ernährungsphysiologisch abgesicherte und optisch attraktive Mahlzeiten entwickelt, die sich optimal bei Kau- und Schluckbeschwerden in Folge einer Demenzerkrankung eignen.
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Fingerfood als Ernährungslösung
Fingerfood wird hauptsächlich in fortgeschrittenen Stadien der Demenz eingesetzt, wenn der Erkrankte mit der Handhabung des Bestecks überfordert ist, aber noch gut mit den Fingern essen kann. Dadurch kann der Betroffene trotz eingeschränkter Handlungsfähigkeit noch selbstständig essen. Eine Zwischenmahlzeit in Form von Fingerfood eignet sich auch für die Personen, die bedingt durch innere Unruhe, stets umherlaufen (Eat by walking). Weitere Vorteile der direkten Nahrungsaufnahme „von der Hand in den Mund“ sind die Stimulierung des Tastsinns und des Appetits, sowie die Eignung als Zwischenmahlzeit.Als Fingerfood geeignete Lebensmittel:
- Gemüse (blanchiert oder roh): z. B. Gurken (frisch oder süß-sauer eingelegt), Möhren, Kohlrabi , Kürbis, Blumenkohl, Champignons, Paprika, Radieschen, Rettich, Tomaten (mit Käse überbacken), Zucchinischeiben, Selleriescheiben, Cocktailtomaten
- Obst: z. B. Ananasstücke, Apfelschnitze, Aprikosen (entsteint), Bananen, Birnenschnitze, Erdbeeren, Pfirsichspalten (frisch), Pflaumen (entsteint), Renekloden, Weintrauben, Mandarinenspalten, Orangenspalten
- Brot: z. B. alle Sorten belegt, geviertelt oder geachtelt, mundgerechte Schnittchen, Mini-Brötchen, Käsesticks, Kräcker, Toast geviertelt, Käse-Pumpernickel
- Backwaren: z. B. Mini-Biskuitrolle, Streuselkuchen, Apfelkuchen, Dresdner Stollen, Mini-Amerikaner, Schnecken aus Hefeteig, Hefekleingebäck, kleine Blätterteigtaschen, Käsegebäck, Waffeln
- Fleischgerichte: z. B. Fleischwurst, Blutwurst, Mini-Cabanossi, Bockwurst, Wellwurst, Grützwurst, geräucherte Mettenden, Spargelröllchen, Schweinesülze, gebratenes Kotelett (kalt in Stücke geschnitten), Leberklößchen, Markklößchen
- Verschiedenes: z. B. gekochte oder gefüllte Eier, verlorene Eier, Frischkäsekugeln, Käsewürfel mit Weintrauben, Mini-Windbeutel süß oder pikant gefüllt, Specktäschchen, Würstchen in Blätterteig, Mini-Blätterteigpasteten mit pikanter Füllung, Rollmops, Fischstück
Bei der Zubereitung von Fingerfood auf Folgendes achten:
- 2–3 cm lange und 1–2 cm dicke Stücke
- Muss mit einem bis zwei Bissen gegessen werden können
- Gut mit der Hand zu halten
- Darf nicht nass, sondern eher feucht sein
- Sollte nicht krümeln
- Flüssigkeit separat servieren
Tipps zum Umgang beim Essen
Die Rolle der Kommunikation beim Essen mit Demenzerkrankten Menschen
Empathie und Wissen spielen bei der Betreuung von Menschen mit Demenz eine zentrale Rolle. Über die Kommunikation können demenziell erkrankte Menschen auf das Essen eingestimmt werden, sodass die Nahrungsaufnahme erleichtert werden kann.
Menschen mit Demenz verlieren mit fortschreitender Erkrankung die Fähigkeit zu kommunizieren. Gespräche werden zunehmend schwieriger, bis sie fast unmöglich werden. Daher müssen sich Angehörige auf den demenziell Erkrankten einstellen; umgekehrt funktioniert es nicht.
Folgende Hilfestellungen empfehlen sich bei der Kommunikation:
- Beim Reden und bei Unterhaltungen Blickkontakt herstellen
- Immer namentlich ansprechen
- Langsam und deutlich reden
- Wichtige Informationen wiederholen
- Ironie sollte vermieden werden, da Erkrankte diese häufig nicht mehr verstehen
- Diskussionen meiden
- Lob und Bestätigung - Kritik vermeiden
- Demenziell Erkrankte benötigen Zeit für ihre Antworten. Also Zeit lassen!
- Geschlossene Fragen stellen, die mit „ja“ oder „nein“ beantwortet werden können (Beispiel: Möchtest du einen Kaffee trinken?)
- Anschuldigungen oder Vorwürfe (sind oft der Hilflosigkeit und Frustration geschuldet) überhören und geschickt das Thema wechseln
- Falsch weggeräumte Dinge (z. B. Milch im Backofen) stillschweigend an den richtigen Ort räumen. Erklärungen machen keinen Sinn. Eine Konfrontation könnte zu Aggressionen führen
- Kommunikation durch körperliche Zuwendung (Berührungen, Streicheln, Blickkontakt) kann ebenfalls Botschaften vermitteln, die manchmal besser sind als alle Worte
Tipps zum Essverhalten und der Umgebung
Essen hält Leib und Seele zusammen. Dies trifft besonders auf demenziell erkrankte Personen zu.
Mit Tipps zur Gestaltung der Essenssituation für Demenz-Patienten, kann das gemeinsame Essen so angenehm wie möglich gestaltet werden.
Menschen mit Demenz sind bis zum Schluss mit den Sinnen zu erreichen. Aus diesem Grund muss mit Reizeinflüssen, wie etwa Radio, Fernseher, klapperndes Geschirr oder lauten Unterhaltungen vorsichtig umgegangen werden. Die Reizeinflüsse können Emotionen auslösen, die oft unbewusst die Laune von Menschen mit Demenz beeinflussen. Gleichzeitig können positive Einflüsse auch zu einer verbesserten Stimmung führen. Dies sollte als Chance gesehen und genutzt werden.
Tischdekorationen können Menschen mit Demenz verwirren, weshalb darauf so gut es geht verzichtet werden sollte. Für das Essen sind tiefe Teller mit einem farbigen Rand geeignet, damit die demenziell erkrankten Menschen das Essen leicht finden können.
Dominante Personen, die wiederholt mit einer harschen Wortwahl die Sitznachbarn ärgern, können den Appetit einer ganzen Gruppe demenziell veränderter Menschen verderben. Um einen daraus resultierenden Gewichtsverlust zu vermeiden, sollte man die Sitzordnung beachten.